Datum: 29.06.-02.07.19
Am letzten Juni-Wochenende brachen sieben kühne Aktivisten des Alpinclubs Alzenau auf, um dem Wilden Kaiser auf den Zahn zu fühlen. Sollte das gute alte trutzige Bollwerk der Tiroler Voralpen halten, was sein Attribut verspricht?
Noch am Annäherungstag führte es die Gruppe die zahlreichen Treppenstufen der Sparchenstiege empor ins Kaisertal und weiter über die Rietzaualm hinauf zur Vorderkaiserfeldenhütte (1.388m). Hier
genoss man bei herrlichem Wetter den Ausblick zurück auf Kufstein und das Inntal. Nach kurzer Stärkung ging es auf dem Sonnkaiser-Höhenweg an der Südflanke des Zahmen Kaisers weiter durch lichten
Wald und Krummholz. Bereits hier bot sich den Herausforderern immer wieder die wunderbare Aussicht auf den westlichen Teil des Wilden Kaisers - später auf den Hauptthron, bestehend aus
Totenkirchl, Fleischbank und Predigtstuhl. Als die zur Mitte der Tagesetappe angestrebte Kaiserquelle jedoch kein Wasser führte, wurde den Recken bewusst, dass heute eine übermenschliche
Anstrengung von Nöten sein
würde, um dem erhabenen Herrscher näher zu treten. Die wahrlich gute Fee auf der Kaiser-Hochalm (1.403m) sorgte dafür, dass den mittlerweile nicht mehr ganz so vorlauten Attackierern der Mut
nicht gänzlich verließ und versorgte die Nachhut mit Traubenzucker. So erreichten die Letzten nach acht Stunden gegen 20.00 Uhr das Stripsenjochhaus (1.577m).
Am nächsten Morgen wurde den Streitern klar, dass der gar nicht einmal so gastunfreundliche Wilde Kaiser sie beinahe schon in sein Treppenhaus eingelassen hatte. Dieses wurde über Eggersteig und Steinerne Rinne rasch durchstiegen. In seinem Wohnzimmer angekommen, öffnete sein Ellmauer Tor (2.006m) erstmals den Blick nach Süden bis zu den Hohen Tauern. Nicht genug des Anblicks, trachteten die Stürmer nach der Aussicht vom Gipfelkreuz der Hinteren Goinger Halt (2.192m). Beeindruckt von der Gastfreundlichkeit des erhabenen Regenten, der es sichtlich gut mit ihnen meinte, große weiße Teppiche ausrollte, und das bei Wetter, das seinen Namen verdiente, glitt die Gruppe über den Jubiläumssteig hinunter zur Gruttenhütte (1.620m). Man hatte mit dieser Königsetappe das Herz des Wilden Kaisers erobert
Auch am folgenden Tag zeigte dieser sich zunächst von seiner wohlhabenden, großzügigen Seite. Zwei suchten die Herausforderung über den Kopftörlgrat, der Rest folgte dem Gamsängersteig auf die Ellmauer Halt (2.344m). Die Seilmannschaft am Grat musste sich gegen Mittag jedoch sputen, um der grantelnden Laune des Mächtigen mit Donnergrollen, Blitz und Hagel zu entgehen. Aber auch diese beiden Knappen kehrten heil zur Gruttenhütte zurück. Alle sieben huldigten dem Herrscher noch einmal mit vollen Pokalen und verabschiedeten sich am nächsten Morgen aus seinen rauesten Flanken über den Adlerweg. Vorbei an Kaiser- und Steiner Hochalm gelangte man an das erfrischende Nass des Hintersteiner Sees Von dort war es nicht mehr weit zum Ausgangspunkt der Tour drei Tage zuvor. „Eure Durchlaucht: wir huldigen Euch ehrerbietend und wünschen, dass der „Bergdoktor“ immer ein wachsames Auge auf Euch hat.
Autor: Bodo Münch
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